Raynaud-Syndrom

Das Raynaud-Syndrom wird auch als „Weißfingerkrankheit“ bezeichnet. Es handelt sich um eine Erkrankung mit einer zeitweiligen Durchblutungsstörung der Finger, Zehen und in selteneren Fällen auch der Ohren, Nase oder Zungenspitze.

Was ist das Raynaud-Syndrom?

Raynaud-Syndrom
Raynaud-Syndrom

Das Raynaud-Syndrom wird auch als „Weißfingerkrankheit“ bezeichnet. Es handelt sich um eine Erkrankung mit einer zeitweiligen Durchblutungsstörung der Finger, Zehen und in selteneren Fällen auch der Ohren, Nase, Brustwarzen oder Zungenspitze. Die anfallsweise Verengung der Blutgefäße wird häufig durch Kälte oder emotionalen Stress ausgelöst. Die Finger sind am stärksten betroffen und werden weiß und steif. Sie können sogar eine blaugraue (zyanotische) Färbung annehmen, nach einer Weile werden sie aber rot und geschwollen. Die Erkrankung kann Schmerzen, in manchen Fällen auch Kribbeln und Taubheitsgefühle verursachen. Häufig bewirkt Wärme eine gewisse Linderung. Zwischen den Anfällen sind die Finger in der Regel völlig normal. Das Raynaud-Syndrom kann auch auf einer Grunderkrankung mit Gefäßschädigung beruhen, häufig im Rahmen von rheumatologischen Erkrankungen.

Das Raynaud-Syndrom ist häufig, 7–12 % der Bevölkerung in Europa sind betroffen. Die Erkrankung tritt häufiger bei Frauen als bei Männern auf. Das primäre Raynaud-Syndrom beginnt meist im Alter zwischen 15 und 45 Jahren. Über 70 % der Betroffenen bemerken die ersten Symptome vor dem Alter von 40 Jahren. Die Erkrankung kommt häufiger in Nordeuropa und Ländern mit kaltem Klima vor. Das sekundäre Raynaud-Syndrom beruht auf einer Grunderkrankung und tritt meist nach dem 40. Lebensjahr auf.

Ursachen

Beim Raynaud-Syndrom treten Gefäßkrämpfe in den kleinen Arterien der Finger oder Zehen auf. Die eigentliche Ursache ist unbekannt. In bestimmten Fällen scheint eine erbliche Veranlagung vorzuliegen, insbesondere bei Betroffenen mit frühem Einsetzen der Krankheit. Auch ein Zusammenhang mit Migräne wird vermutet. Rauchen und die Arbeit mit Schlag-/Vibrationswerkzeugen erhöhen das Risiko, am Raynaud-Syndrom zu erkranken.

Die Anfälle können durch Temperaturschwankungen, Kälte und emotionalen Stress ausgelöst werden. Während der Anfälle zieht sich die Muskulatur um die Arterien in den Fingern oder Zehen zusammen. Das bedeutet, dass weniger Blut in diese Bereiche gelangt: Sie werden weiß und steif. Nach einer Weile öffnen sich die Blutgefäße weiter als gewöhnlich: Die betroffenen Bereiche schwellen an und werden rot.

Das Raynaud-Syndrom tritt in den meisten Fällen (80–90 %) isoliert auf, es gibt aber auch eine sogenannte sekundäre Form, die auf einer anderen, zugrunde liegenden Erkrankung beruht. Das sekundäre Raynaud-Syndrom kann als Folge entzündlicher Erkrankungen in Blutgefäßen oder im Bindegewebe, bei bestimmten Bluterkrankungen, nach Verletzungen, Vergiftungen oder Erfrierungen auftreten. Rund 80–90 % der Patienten mit Sklerodermie leiden am Raynaud-Syndrom. Auch bestimmte Medikamente, z. B. blutdrucksenkende Mittel (Betablocker), Mutterkornalkaloide und Zytostatika zur Krebstherapie, können ein Raynaud-Syndrom hervorrufen.

Diagnose

Die Diagnose wird anhand der Krankengeschichte und einer ärztlichen Untersuchung gestellt. Verschiedene Finger können betroffen sein, bei rund 20 % der Patienten sind auch die Zehen beteiligt, seltener Zungenspitze, Nase, Ohren oder Brustwarzen. Die Haut in den betroffenen Bereichen durchläuft typische Farbveränderungen: von weiß über blau nach rot. In der weißen Phase kann ein Spannungs- oder Taubheitsgefühl auftreten, in der roten Phase manchmal brennende Schmerzen. Die Anfälle halten zwischen einigen Minuten bis selten auch über Stunden an. Auch die Häufigkeit der Anfälle schwankt von wenigen Attacken im Jahr bis zu mehreren an einem Tag.

Bei Verdacht auf eine zugrunde liegende Erkrankung können Blutuntersuchungen hilfreich sein.

Therapie

Es gibt einige Maßnahmen, die Sie selbst ergreifen können:

  • Sowohl bestimmte Medikamente als auch Koffein- und Tabakkonsum verringern die Durchblutung der Haut, sollten also unbedingt vermieden werden.
  • Die wichtigste Therapiemaßnahme ist, die Hände und Finger warm zu halten, also häufig Handschuhe zu tragen. Möglicherweise lassen sich die Handschuhe mit zusätzlichen Wärmequellen wie Handwärmern und ähnlichen Hilfsmitteln kombinieren.
  • Entspannungsverfahren können die Bereitschaft für Gefäßkrämpfe herabsetzen.
  • Vermeiden Sie nach Möglichkeit Verletzungen oder Schrammen an den Fingern.
  • Falls Ihre Haut trocken oder rissig ist, beugen Sie Verletzungen mit Feuchtigkeitscreme vor.
  • Stillende Frauen, bei denen die Brustwarzen betroffen sind, sollten in einer warmen Umgebung stillen. Halten Sie den Körper evtl. mit warmer Kleidung warm, und wärmen Sie die Brustwarzen bei beginnenden Symptomen.

Die Wirkung von Medikamenten ist begrenzt, und es gibt keine Medikamente, mit denen sich die Erkrankung heilen lässt. Da der Verlauf in der Regel ungefährlich ist und die meisten Patienten jung und sonst gesund sind, sollte eine Linderung durch Medikamente nur bei Patienten mit schweren Symptomen versucht werden. In diesen Fällen sind sogenannte Kalziumantagonisten das Mittel der Wahl, z. B. der Wirkstoff Nifedipin, der gefäßerweiternd wirkt.

Beim sekundären Raynaud-Syndrom soll vor allem die Grunderkrankung behandelt werden. In sehr schweren Fällen, in denen die Durchblutung bei einem Anfall so ausgeprägt gestört ist, dass sich Wunden und Hautverletzungen bilden, können möglicherweise stärkere Medikamente oder eine operative Therapie zum Einsatz kommen. Bei einer Operation können z. B einige Nervenfasern zu den betroffenen Blutgefäßen durchtrennt werden.

Prognose

Die Erkrankung ist in der Regel ungefährlich und hat keine anderen Folgen als die Schmerzen während der Anfälle. Die meisten Betroffenen erleben über die Zeit allerdings eine langsame Verstärkung der Erkrankungssymptome.

Beim sekundären Raynaud-Syndrom können häufige, langanhaltende Attacken zu Komplikationen wie Hautinfektionen und Absterben von Gewebe führen.

Jungen Patienten mit Raynaud-Syndrom wird unter Umständen empfohlen, bei der Berufswahl auf ihre Erkrankung Rücksicht zu nehmen. So sollten sie z. B. vermeiden, bei starker Kälte im Freien zu arbeiten. Auch von Berufen, bei denen die Anwendung vibrierender Werkzeuge erforderlich ist, wird abgeraten.

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Autoren

  • Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden

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References

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