Allgemeine Informationen
Definition
- Orale Gesundheit
- keine Schmerzen, Beschwerden oder Erkrankungen der Mundhöhle
- zufriedenstellende Kaufunktion
- Kommunikation ohne Behinderung durch Zahnprobleme
- Die Zahngesundheit von betagten, multimorbiden und pflegebedürftigen sowie von Menschen mit Behinderungen ist deutlich schlechter als die anderer Bevölkerungsgruppen.
Häufigkeit
- Es liegen wenige und qualitativ nicht ausreichende Daten über die Zahngesundheit bei älteren Menschen vor.
- Es bestehen große Unterschiede des Zahnstatus nach der sozioökonomischen Situation.2
- Bei älteren und/oder pflegebedürftigen Menschen ist das Risiko für Beschwerden mit den Zähnen oder in der Mundhöhle höher als in der Allgemeinbevölkerung.
- Aufgrund der demografischen Entwicklung wird das Thema der Zahngesundheit bei Älteren zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Prädisponierende Faktoren
- Verschiedene Grunderkrankungen: Diabetes mellitus, Osteoporose, Sjögren-Syndrom, HIV-Infektion etc.
- Medikamente können Mundtrockenheit verursachen und somit das intraorale Infektionsrisiko erhöhen.3
- Verminderte Speichelmenge oder -qualität im Alter kann zu Karies oder Parodontitis beitragen.
- Rauchen hat schädliche Auswirkungen auf die Weichteile der Mundhöhle.
- Einschränkung des Bewegungsvermögens (Feinmotorik)
- Nachlassende Sehkraft und eingeschränkte Geschmacks- und Geruchswahrnehmung
Bedeutung für die Gesundheit allgemein
- Infektionen in der Mundhöhle können sich negativ auf den Allgemeinzustand auswirken.
- Eine Parodontitis kann zur Entwicklung von Herzgefäßerkrankungen und Pneumonie beitragen.3
- Schlechte Zahngesundheit ist ein Risikofaktor für Ernährungsprobleme.
- Schlechte Zahngesundheit kann Schmerzen und soziale Isolation aufgrund mangelnder Kommunikationsfähigkeit begünstigen.
Herausforderungen in der Versorgung
- Hoher Zeitaufwand
- Kleinere Behandlungsintervalle als bei Jüngeren
- Deutlich höherer Personalaufwand
- Oft notwendige medikamentöse Vorbehandlung
- Häufige Behandlung in Allgemeinanästhesie und Sedation
- Besondere Planungsgrundsätze, die nicht immer mit den Vorgaben der gesetzlichen Krankenkassen vereinbar sind.
- Fehlende Finanzierung zahnärztlicher Prophylaxe bei erwachsenen GKV-Versicherten
ICD-10
- K02 Zahnkaries
- K03 Sonstige Krankheiten der Zahnhartsubstanzen
- K04 Krankheiten der Pulpa und des periapikalen Gewebes
- K05 Gingivitis und Krankheiten des Parodonts
- K06 Sonstige Krankheiten der Gingiva und des zahnlosen Alveolarkammes
Therapie
Therapieziele
- Das Behandlungsziel ist eine akzeptable und nach den jeweiligen persönlichen Voraussetzungen bestmögliche Zahngesundheit für alle älteren Personen.
- Die von Pflegediensten versorgten älteren Menschen sollten ein Hilfsangebot für Vorbeugung und regelmäßige Untersuchungen erhalten.
Hausärztliche Therapie
- Der existierenden Unterversorgung entgegenwirken.
- Mundgesundheitsstatus erheben.
- Über die Bedeutung der Mundhygiene aufklären.
- Maßnahmen zur Erhaltung der Mundgesundheit vermitteln/einleiten.
- Schmerzen und mangelnde Mundhygiene können zu verminderter Nahrungsaufnahme und Kachexie führen. Daher sollte frühzeitig über Alternativen bei der Ernährung nachgedacht werden.
- proteinhaltige Mischgetränke
- ausreichende Flüssigkeitsgabe
- Organisation der Betreuung vor Ort
- mobile Zahnarztdienste involvieren
- auf Schulungen für Pfleger*innen hinweisen
- möglicherweise Netzwerk mit Zahnarztpraxen aufbauen
Zahnärztliche Therapie
- Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.2
- Einen Plan zur individuellen Mund- und Prothesenpflege erstellen.
- Zahnärztliche Behandlung
- risikospezifische Zahnreinigung
- konservierende Maßnahmen
- parodontologische Maßnahmen
- endodontische Maßnahmen
- prothetische Versorgung (Neuanfertigungen, Wiederherstellungen)
- chirurgische Maßnahmen
- Ggf. mobile Zahnarztdienste einsetzen.
Prävention
- Schulung der Pfleger*innen zu den Themen Mundhygiene, Zahngesundheit und Früherkennungsmaßnahmen
- Regelmäßiger Mundgesundheitscheck, insbesondere Beachtung der Entstehung von Wurzelkaries, der Veränderungen der Mundschleimhaut und des Parodonts
sowie im Hinblick auf beginnende Krankheitsprozesse im Mund (Neubildungen, Karzinome) - Risikospezifische Zahnreinigung
- Regelmäßige Reinigung der Prothesen
- Lokale Fluoridierung, die freiliegende Wurzeloberflächen einbeziehen soll.
- Hilfestellung bei Hygienemaßnahmen (Zahnputztechnik, Prothesenreinigung) unter Einbeziehung der Pflegekräfte und Angehörigen
- Ernährungsberatung unter Einbeziehung der Pflegekräfte und Angehörigen
- Überprüfung der Funktionstüchtigkeit prothetischer Versorgungen
Verlaufskontrolle
- Pflegedienste sollten darauf achten, dass die von ihnen betreuten Patient*innen Hilfe zur Vorbeugung und Kontrolle der Mundhygiene erhalten.
- Gute Dokumentation der Befunde
- Pläne für Behandlung und Vorbeugung entwickeln.
Quellen
Literatur
- Coll PP, Lindsay A, Meng J, et al. The Prevention of Infections in Older Adults: Oral Health. J Am Geriatr Soc. 2020 Feb;68(2):411-416. doi: 10.1111/jgs.16154. Epub 2019 Sep 3. PMID: 31479533. agsjournals.onlinelibrary.wiley.com
- Tanaka T, Takahashi K, Hirano H, et al. Oral Frailty as a Risk Factor for Physical Frailty and Mortality in Community-Dwelling Elderly. J Gerontol A Biol Sci Med Sci. 2018 Nov 10;73(12):1661-1667. doi: 10.1093/gerona/glx225. PMID: 29161342. academic.oup.com
- Cohen DW, Rose LF. The periodontal-medical risk relationship. Compendium, continuing education in dentistry. 1998; 19 (suppl 1, Periodontal aspects of systemic health.): 11-24. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
Autor*innen
- Moritz Paar, Dr. med., Facharzt für Allgemeinmedizin, Münster